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Aktion / Bericht

Offener Brief an den Thüringer Landesvorstand der SPD

Das Bürgermeister-Abwahlverfahren in Hildburghausen - Der Kampf gegen Rechts - Thüringen nach der Landtagswahl 2024

Plakat zur Landtagswahl 2019

rechts: Plakat zur Landtagswahl 2019

Sehr geehrte Landesvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Thüringen,

auf Grund der doch schon sehr relativierenden Äußerungen u.a. Ihres Landesvorsitzenden im Beitrag des MDR vom 13.1.2023 https://www.mdr.de/video/mdr-videos/f/video-688086.html  erlauben wir uns, davon auszugehen, dass unsere Pressemitteilung vom 11.1.2023 https://www.oedp-thueringen.de/partei/landesverband/pressemitteilungen/nachrichtendetails/news/thueringer-spd-ist-mit-afd-ueberfordert  , trotz Nichtveröffentlichung durch die Thüringer Medien, zumindest über die Sozialen Medien oder auf anderem Wege bei Ihnen angekommen ist. Es ist nicht das erste Mal, dass sich öffentliche Äußerungen von Vertretern der Thüringer Landtagsparteien auf Einwände unserer Partei beziehen, ohne dass der Name unserer Partei explizit genannt wird. Wir wollen hier nur kurz und am Rande exemplarisch an die Verschiebung des Termins für die geplant gewesene vorzeitige Neuwahl des Thüringer Landtags von April auf September 2021 auf Grund mangelhafter gesetzlicher Grundlagen erinnern. Die Diskussion zu den Geschehnissen in Hildburghausen anlässlich des Abwahlverfahrens für den amtierenden Bürgermeister geht weiter und wir halten es nun für notwendig, Sie direkt dazu anzuschreiben.

Uns ist es gleich, wie innerhalb Ihrer Partei Hierarchien und Strukturen gelebt werden. Uns ist es gleich, ob sie Ihre kommunalen Mandatsträger erpressen. Uns ist es gleich, ob innerhalb Ihrer Partei partnerschaftlich, respektvoll und wertschätzend miteinander umgegangen wird. Uns ist es gleich, welches basisdemokratische Selbstverständnis und wie die Prinzipien der Subsidiarität innerhalb Ihrer Partei gelebt werden. Uns ist es gleich, wie viel Platz innerhalb Ihrer Partei für Meinungsvielfalt ist. Uns ist es gleich, wie nah an Bürgerinnen und Bürgern Ihre Politik ist und stattfindet. Das ist alles Ihre Sache. Es liegt in Ihrer Verantwortung. Sie müssen sich dafür nicht nur gegenüber Ihrer Parteibasis, sondern u.a. auch gegenüber Ihren potentiellen Wählerinnen und Wählern, verantworten und rechtfertigen.

Nicht gleichgültig ist uns jedoch die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, welche als deren Ergebnis mit einem Erstarken der extremistischen Ränder einhergeht. Ursächlich hierfür sehen wir vor allem auch eine falsche Strategie gegen Rechts, wie sie nicht nur von Parteien des linken und grünen Lagers und diesen offensichtlich nahestehenden Organisationen und Medien gelebt wird.

Wir sind der Meinung, dass dringend das Votum von Wählerinnen und Wählern zumindest grundsätzlich wieder akzeptiert werden muss. Hier beziehen wir uns insbesondere auf gewählte Mandatsträgerinnen und Mandatsträger.

Ein gemeinsames Stimmverhalten stellt grundsätzlich keinen Akt oder Vorgang politischer Zusammenarbeit dar. Hier müssen wir der Auslegung und Definition, nicht nur Ihrer Partei, ganz deutlich widersprechen.

Lediglich direkte Absprachen und gemeinsame Fraktionen zwischen Parteien, gewählten Einzelbewerbern und, auf kommunaler Ebene, Wählergruppen sind als politische Zusammenarbeit zu werten.

Diese Grundsätze sollten unserer Meinung nach dringend von allen Parteien des demokratischen Spektrums gelebt werden. Denn:

Richten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger ihr eigenes Stimmverhalten nach dem möglichen Stimmverhalten der Mandatsträgerinnen und Mandatsträger anderer Parteien aus, so geben sie diesen damit politische Macht und verhelfen diesen zu politischen Erfolgen. Hierin sehen wir das eigentliche oder zumindest deutlich größere Gefahrenpotential für unsere Demokratie.

Mit etwas mehr Akzeptanz des Wählervotums und damit sozusagen etwas mehr Gelassenheit kann erreicht werden, dass man Extremisten im Zusammenhang mit tagespolitischen Diskussionen keine unnötige zusätzliche Aufmerksamkeit mehr schenkt. Diese haben dann auch nicht mehr die Gelegenheit, sich in die Opferrolle zu begeben.

Die öffentliche Auseinandersetzung mit Extremisten muss zukünftig auf anderer Ebene bzw. im Rahmen einer allgemeinen und grundsätzlichen Diskussion, also möglichst losgelöst von der Tagespolitik, erfolgen. Nur hier können u.a. Methoden und politischer Stil der Extremisten dediziert und konzentriert diskutiert und dar- bzw. auch bloßgestellt werden.

Gemäß der Zweitstimmen-Ergebnisse der zurückliegenden Landtagswahl 2019 in Thüringen ist unsere Partei 4,6% von der 5%-Sperrklausel entfernt. Der Abstand für Ihre Partei beträgt allerdings nur 3,2%.

Mit Blick auf die nächsten Thüringer Landtagswahlen im Herbst 2024 möchten wir definitiv nicht, dass Ihre Partei auf Grund der undemokratischen und unwirksamen 5%-Sperrklausel aus dem Thüringer Landtag herausfliegt. Denn wir sehen, da ein Ausscheiden von B‘90/Grüne und FDP durchaus im Bereich des Möglichen liegt, die Gefahr von saarländischen Verhältnissen im Thüringer Landtag, sprich die Gefahr von ebenfalls nur drei Parteien im Thüringer Landtag:
•    Die Linke, die nicht mit der AfD zusammenarbeiten wird.
•    CDU, die weder mit Die Linke noch mit AfD zusammenarbeiten möchte.
•    AfD, die sich entspannt zurücklehnen und über die Situation amüsieren wird.

Diese Gefahr könnte gemildert werden, indem man in Thüringen die undemokratische und unwirksame 5%-Sperrklausel abschafft oder alternativ zumindest auf 1,0% absenkt. So wären der Wiedereinzug Ihrer Partei und der von FDP und B‘90/Grüne in den Thüringer Landtag wohl gesichert. Das wäre auch aus unserer Sicht ein Gewinn für das demokratische Lager. Unserer Einschätzung nach - Wir beziehen uns auf die Antritte zur letzten Landtagswahl und zur letzten Bundestagswahl. - haben aktuell in Thüringen folgende Parteien das Potential, erfolgreich die 1.000 Unterstützungsunterschriften für ihre Landeslisten zu sammeln: ÖDP, Piraten, Freie Wähler, Volt, dieBasis, Bürger für Thüringen, Tierschutzpartei, Die Partei und MLPD. Für folgende Parteien ist dies unserer Einschätzung nach eher unsicher bzw. unwahrschein-lich: NPD, V-Partei³, Menschliche Welt, Die Humanisten, Team Todenhöfer, Gesundheitsforschung, Graue Panther, KPD, TIERSCHUTZ hier!, BGE, Die Direkte!, Familienpartei. Von den erstgenannten Parteien haben unserer Einschätzung nach folgende Parteien, bei abgeschaffter oder auf 1,0% abgesenkter Sperr-klausel und daraus resultierender Abkehr vieler Wählerinnen und Wähler vom sogenannten taktischen bzw. strategischen Wählen, das Potential, zumindest einen Sitz im Thüringer Landtag zu erreichen: ÖDP, Piraten, Freie Wähler, Volt, dieBasis, Bürger für Thüringen, Tierschutzpartei, Die Partei. Unserer Einschätzung nach ist keine dieser Parteien als extremistisch einzustufen. Ob diese Parteien tatsächlich in den Thüringer Landtag einziehen würden, ist zuerst einmal natürlich von deren Wahlergebnis und im zweiten von einem möglichen Profitieren vom Auszählverfahren abhängig. Ein Einzug dieser Parteien in den Thüringer Landtag, also somit auch eine zukünftige Berücksichtigung der Wählerstimmen für diese Parteien, würde das demokratische Lager im Thüringer Landtag gegenüber der AfD im Verhältnis stärken. Ein Zustandekommen einer Mehrheitsregierung oder zumindest einer besser unterstützten Minderheitsregierung wird damit aus unserer Sicht deutlich wahrscheinlicher. Auf jeden Fall würde Thüringen damit demokratischer werden. Das sollte doch im Interesse des Freistaats Thüringen und seiner Bürgerinnen und Bürger unser aller Ziel sein!

Bitte beachten Sie auch die Informationen unter:
https://www.oedp.de/partei/abgrenzung-von-extremismus

 

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